Bocholt. Olga Smirnova ist eine von vielen ukrainischen Frauen, die mit ihren Kindern nach Deutschland geflohen sind. In ihrer Heimat herrscht Krieg. Zurzeit hat sie eine Bleibe in Bocholt im ehemaligen Yupidu. Dafür ist sie dankbar. Doch die Sehnsucht nach einer kleinen Wohnung für sie und ihre beiden Kinder ist groß. Die Suche gestaltet sich schwierig.
Olga Smirnovas Heimatstadt heißt Odessa. Die Stadt mit knapp über einer Million Einwohnern ist die bedeutendste Hafenstadt der Ukraine. Hier lebte die 38-Jährige mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern. „Vadim ist Bauarbeiter, er arbeitet auf Montage in Israel“, verrät uns Olga Smirnova, als wir sie in der Bocholter Innenstadt mit Alice (17) und Matvey (3) treffen. „Dort ist er jetzt auch. Am 4. August kam ich mit den Kindern nach Deutschland, seit dem 16. August wohnen wir im ehemaligen Yupidu.“
Es tut einfach nur weh
Alles sei so schön gewesen. „Von einem Tag auf den anderen war alles anders“, so Olga Smirnova, die nur wenige Worte Deutsch spricht, per Smartphone aber schnell übersetzt, was sie mitteilen möchte. „Vadim muss arbeiten, wir haben uns seit über einem Jahr nicht gesehen“, sagt sie. „Das tut weh.“ Wir fragen sie, warum Israel für sie und die Kinder nicht in Frage gekommen sei. Und Olga antwortet: „Es gibt dort keine finanziellen Hilfen, die Wohnungen sind teuer und wir haben einfach nicht die Mittel, wir können uns das Leben dort nicht leisten.“
In Bocholt hofft sie nun, so rasch wie möglich eine Wohnung zu finden. „Ich kann Deutschland und dieser Stadt nur danken für die Hilfe“, so die 38-Jährige. „Wir haben ein Bett, wir bekommen Essen. Aber mit einem kleinen Kind dort im Flüchtlingsheim zu wohnen, das ist sehr schwierig.“ Sie hätten zwar ein eigenes Zimmer, aber es gebe keine Decke, so wie man sie in der eigenen Wohnung hat, dadurch störe das Licht und auch oft auch die Geräuschkulisse. Der Kleine könne nicht gut schlafen. Auch wünsche sie sich ein eigenes Badezimmer. Für Matvey würde sie gerne kochen, das sei im Ex-Yupidu nicht möglich. Auch habe sie keinen eigenen Kühlschrank. „Die letzten Tage waren besonders anstrengend“, berichtet die Ukrainerin. „Matvey hat Husten, Gott sei Dank wird es täglich besser.“
Wohnung für Drei gesucht
Alles sei besser als in Odessa zu sein. Es werde, wie sie sagt, zwar nicht jeden Tag geschossen. „Aber es wird geschossen!“ macht die besorgte Mutter deutlich. Die Sorge, den Kindern könnte etwas passieren, habe schließlich die Entscheidung herbeigeführt, nach Deutschland zu flüchten.
„Ich hoffe, dass ich schnell eine Wohnung finde“, sagt Olga. „Das wäre wirklich ein großer Wunsch. Aber andere suchen ja auch.“ Als Flüchtling in einem fremden Land, in dem man die Sprache nicht spreche und verstehe, sei es doppelt so schwer, Wohnraum zu finden. „Bitte, wenn irgendwer eine Wohnung hat für uns, dann bitte melden Sie sich“, so der Appell der Mutter an private Vermieter.
„Wir glauben an eine freie Ukraine“
Ob sie in Deutschland bleiben möchte? Unsere Frage beantwortet Olga mit Nein. „Sobald der Krieg zu Ende ist, möchten wir wieder in unsere Heimatstadt“, sagt sie. Sie und ihr Mann glauben fest daran, dass die Ukraine in Zukunft ein freies und demokratisches Land sein wird.
„Ich wünsche mir einfach nur Frieden“, so die Ukrainerin. Und mit diesem Wunsch steht sie nicht allein da. „Alle sollen gesund bleiben und so schnell wie möglich wieder nach Hause zurückkehren dürfen“, sagt sie mit einer Träne in den Augen. Als der Krieg begann, hat sie sofort ihren Job verloren. Erlernt hat sie den Beruf der Milchtechnologin. Dann aber hat sie umgeschult für Kassenbereich und auch Buchhaltung.
Olgas Tochter Alice studiert in Odessa an der Uni, jetzt finden die Vorlesungen für sie online statt. In Bocholt soll sie nun Deutschkurse besuchen. Matvey soll möglichst schnell einen Kindergartenplatz bekommen, damit Olga einer Arbeit nachgehen kann.
„Man fühlt nur Angst und Schmerz“
„An oberster Stelle auf der Wunschliste steht eine Wohnung, die sich preislich im Rahmen der Sozialleistungen bewegt“, so Olga. „Möbel haben wir natürlich auch nicht, aber ich habe gehört, dass es da Unterstützung geben soll.“ Insgesamt sei sie froh, in Bocholt zu sein. Die Stadt sei schön und gemütlich.
Manchmal aber sei ihre einfach nur zum Weinen zumute. „Man fühlt einfach nur Angst und Schmerz“, beschreibt Olga ihre Gefühlswelt. „In der Ukraine gibt es keine einzige Stadt, in der man sicher ist. Und in jeder Stadt kann jederzeit eine Bombe einschlagen.“
Olga ist eine von vielen ukrainischen Frauen, die in diesen Zeiten den Tränen näher sind als einem Lächeln.
Wer Olga und ihren Kindern mit Wohnraum helfen möchte, kann sich gerne auch an Bocholt-Online wenden: [email protected]